Samstag, 24. Januar 2009
 
Neue Krawalle in Budapest PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Ralf Leonhard   
Dienstag, 23. Oktober 2007

19 Verletzte wurden in Budapester Spitäler eingeliefert und rund 20 Randalierer festgenommen, als relativ kleine Gruppen rechtsextremer Demonstranten Montagabend mit der ungarischen Polizei zusammenstießen. Anlaß war der gestrige Nationalfeiertag, an dem des antikommunistischen Aufstandes von 1956 gedacht wird.


Opfer der Aggression wurden auch Pressefotografen, die den Marsch dokumentierten. 14 der Verletzten, so Landespolizeipräsident Jozsef Bencze gestern in einer Pressekonferenz, seien unter seinen Leuten zu beklagen. Die Polizei hatte die Aufgabe, zu verhindern, dass eine genehmigte Demonstration den nicht bewilligten Weg über die Andrássy Allee zur Staatsoper einschlug. Dort hielt Premier Ferenc Gyurcsány am Vorabend des Nationalfeiertages eine Festrede. Die Demonstranten, die sich mit reichlich Alkohol aufgewärmt hatten, waren nicht nur mit nationalistischen Fahnen bewaffnet, sondern warfen auch Molotow-Cocktails und Steine auf die Uniformierten und konnten einen Wasserwerfer in Brand setzen. Unter Einsatz von Tränengas und unterstützt von eisigem Regen gelang es der Polizei schließlich, die Randalierer abzudrängen. Zwei der Organisatoren, darunter László Toroczkai, wurden festgenommen. Toroczkai ist der Anführer der rechtsextremen Jugendorganisation 64 Komitate, die auch schon vor einem Jahr Krawalle angezettelt hatte.

Mit antisemitischen Parolen und dem Sprechchor "Gyurcsany verrecke" wandten sich mehrere hundert Manifestanten in erster Linie gegen den sozialdemokratischen Ministerpräsidenten, der zum Buhmann der Nation wurde, als im September des Vorjahres eine Rede bekannt wurde, in der er zugab, seine Partei hätte das Volk über den wahren Zustand der Wirtschaft belogen.

Die Polizei war von Anfang an bemüht, Übergriffe zu vermeiden. Letztes Jahr musste sie sich vorwerfen lassen, auf gewalttätige Demonstranten unvorbereitet und mit exzessiver Gewalt reagiert zu haben. Von Schusswaffen machte sie keinen Gebrauch, wie József Bencze versicherte. Gerüchte über eine Verletzung durch Feuerwaffe entbehrten der Grundlage.

Für die im Sommer gegründete rechtsextreme Miliz der Gruppe Jobbik war die Demonstration der erste Einsatz. Mehrere ihrer Mitglieder wurden unter den Randalierern gesehen. Die Oppositionspartei Fidesz des Rechtspopulisten Viktor Orban hielt sich hingegen heraus, boykottierte aber auch die offizielle Gedenkveranstaltung in der Oper. Orban rief zu einer Kundgebung Dienstag Nachmittag auf. Ein privater Sicherheitsdienst wurde beauftragt, Krawallmacher fernzuhalten.

Wenig beachtet wurde Montag die Gründung einer „Nationalen Schutztruppe“ in der kalvinistischen Kirche des ostungarischen Dorfes Szabolcs. Die rechte Miliz versteht sich als Schwesterorganisation der Jobbik-Garde und will in den Komitaten Szabolcs, Hajdú-Bihar und Borsod aktiv sein. Geistliche, die den kirchlichen Rahmen zur Verfügung stellten, begrüßten den Aufmarsch der Braunhemden unter der nationalistischen Árpád-Fahne.

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